Viele Patientinnen und Patienten mit Hörverlust profitieren von konventionellen (nicht implantierbaren) Hörgeräten. Doch es gibt Umstände, in denen Hörgeräte entweder nicht ausreichen oder nicht tragbar sind – etwa bei chronischer Otitis externa, Gehörgangsentzündungen, Hautreaktionen, anatomischen Deformitäten des Gehörgangs oder Atresien. In solchen Fällen kann eine implantierbare Lösung sinnvoll sein. Implantierbare Hörsysteme umgehen die Limitierungen herkömmlicher Hörgeräte und bieten – unter geeigneter Indikationsstellung – hervorragende Klangqualität und Langzeitverträglichkeit.
Wann kommen implantierbare Hörsysteme in Betracht?
Kurz gesagt: Immer dann, wenn herkümmliche Hörgeräte keine zufriedenstellende Lösung bieten. Typische Situationen sind:
- Chronische Entzündungen oder Verletzungen des äußeren Gehörgangs, die durch ein Hörgerät verschlimmert werden
- Anatomische Fehlbildungen des Gehörgangs oder Atresien (z. B. Mikrotie mit Gehörgangsverschluss)
- Nach mehrfachen Mittelohroperationen mit eingeschränkter anatomischer Struktur
- Misch- oder Schallleitungskomponenten, die mit Hörgeräten nur begrenzt ausgleichbar sind
- Patienten mit erhöhtem Anspruch an Klangqualität, Rückkopplungsfreiheit oder Ästhetik
- Situationen, in denen das Ohrkanalteil überhaupt nicht mehr akzeptabel getragen werden kann
In solchen Fällen prüfen wir gemeinsam mit den Patientinnen und Patienten, ob ein implantierbares System – beispielsweise Vibrant Soundbridge, Bonebridge oder OSIA – sinnvoll ist.
Überblick: Vibrant Soundbridge (aktives Mittelohrimplantat)
Die Vibrant Soundbridge (VSB) ist ein aktives Mittelohrimplantat, das akustische Signale in mechanische Schwingungen umwandelt und diese direkt auf die Strukturen des Mittelohrs überträgt. Anders als Knochenleitungsimplantate stimuliert die VSB nicht über den Knochen, sondern über das Mittelohr – wodurch es eine gezielte, seitenspezifische Stimulation erlaubt.

Die Vibrant Soundbridge (VSB) ist ein aktives Mittelohrimplantat, das akustische Signale in mechanische Schwingungen umwandelt und diese direkt auf die Strukturen des Mittelohrs überträgt. Anders als Knochenleitungsimplantate stimuliert die VSB nicht über den Knochen, sondern über das Mittelohr – wodurch es eine gezielte, seitenspezifische Stimulation erlaubt.
Bilder mit freundl. Genehmigung von MED-EL.

Die VSB eignet sich für Patienten mit sensorineuraler Schwerhörigkeit, aber auch mit kombinierter oder Schallleitungskomponente. Besonders bei mittleren bis gehobenen Knochenleitungsschwellen (z. B. > 35 dB) kann die VSB gegenüber Knochenleitungsimplantaten audiologische Vorteile bieten. In Studien wurden zudem Vorteile beim Richtungshören gezeigt. Die VSB ist ein teil-implantierbares System; der Großteil des Systems ist unter der Haut im Ohrbereich implantiert; ein magnetisch hieran angekoppelter und meist kaum sichtbarer Sprachprozessor wird außen getragen.
Überblick: Vibrant Soundbridge (aktives Mittelohrimplantat)
Die Bonebridge ist ein aktives, transkutan arbeitendes Knochenleitungsimplantat, bei dem der Vibrator (BC-FMT) in den Schädelknochen eingebettet wird und Schwingungen über Knochenleitung auf die Cochlea überträgt

Ein großer Vorteil ist, dass die Haut intakt bleibt (kein offenes System wie das alte „BAHA“), wodurch Hautkomplikationen reduziert werden. Studien zeigen eine sehr hohe Zuverlässigkeit und Patientenzufriedenheit. Eine Bonebridge kann indiziert sein bei Schallleitungs- oder kombinierten Schwerhörigkeiten, insbesondere wenn der äußere Gehörgang nicht geeignet ist, ein Hörgerät zu tragen. Der externe Prozessor wird magnetisch auf der Haut getragen und überträgt das Signal drahtlos in das Implantat.

Bilder mit freundlicher Genehmigung von MED-EL.
Überblick: OSIA (aktives Knochenleitungssystem mit Piezo-Technologie)
Das Cochlear Osia System ist ein aktives Knochenleitungsimplantat, das auf Piezo-Technologie basiert. Es wandelt Schall in mechanische Vibrationen um, die direkt über den Knochen an die Cochlea weitergegeben werde

Das System ist für Patienten mit Schallleitungsschwerhörigkeit, kombinierter Schwerhörigkeit bis 55 dB HL sowie bei einseitiger Taubheit zugelassen.
Ein wesentlicher Vorteil ist die flache Implantatbauweise und die moderne Prozessor-Technologie mit drahtloser Konnektivität. Die Studien belegen sehr gute Ergebnisse hinsichtlich Sprachverstehen und Tragekomfort.

Bild mit freundlicher Genehmigung von Cochlear. © Cochlear Limited 2025. Alle Rechte vorbehalten.
Sind diese Systeme nicht sehr groß und optisch auffällig?
Nein. Moderne implantierbare Hörsysteme sind so entwickelt, dass sie im Alltag möglichst unauffällig getragen werden können. Der eigentliche Implantatanteil liegt vollständig unter der Haut und ist unsichtbar.

Lediglich der externe Sprachprozessor wird von außen getragen – ähnlich wie ein kleines Hörgerät hinter dem Ohr oder mit einem flachen Magnetmodul auf der Haut. Durch unterschiedliche Farben und dezente Designs lassen sich die Systeme diskret an den individuellen Stil anpassen.

Die magnetisch am Kopf anhaftenden Sprachprozessoren gibt es in unterschiedlichen Farben, so dass sie an die Haarfarbe angepasst werden.
Und dann gibt es da ja noch dieses Cochlea-Implantate … brauche ich so etwas vielleicht?
Ein Cochlea-Implantat (CI) kommt dann in Betracht, wenn herkömmliche Hörgeräte oder auch implantierbare Mittelohr- bzw. Knochenleitungssysteme nicht mehr ausreichen – typischerweise bei hochgradiger Schwerhörigkeit oder Taubheit, wenn das Innenohr (Cochlea) so geschädigt ist, dass akustische Verstärkung kaum Nutzen bringt. Das CI umgeht das geschädigte Innenohr, indem es den Hörnerv direkt elektrisch stimuliert. Der Hörerfolg ist in der Regel sehr gut, allerdings hängt er von individuellen Faktoren ab, wie Dauer der Schwerhörigkeit, Sprachentwicklung und Motivation. Besonders bei Kindern und Erwachsenen mit postlingual erworbener Schwerhörigkeit sind die Ergebnisse oft ausgezeichnet, sodass Sprache wieder verstanden und Alltagskommunikation möglich wird.

Bild mit freundlicher Genehmigung von Cochlear. © Cochlear Limited 2025. Alle Rechte vorbehalten.
Nach der Operation beginnt eine mehrmonatige Hörrehabilitation mit regelmäßiger Anpassung des Sprachprozessors, Hörtraining und logopädischer Begleitung. Diese Phase ist entscheidend, um das volle Potenzial des Implantats auszuschöpfen. Durch kontinuierliche Nachsorge können viele Patientinnen und Patienten langfristig ein deutlich verbessertes Sprachverstehen und eine neue Hörqualität erleben.
Ob für Ihre individuelle Situation eine klassische Ohr-Operation, ein konventionelles Hörgerät, ein implantierbares Hörgerät oder auch ein Cochlea-Implantat in Frage kommen oder empfehlenswert sind, klären wir durch Hörteste, klinische Untersuchung und Gespräch in der Praxis.
Was bedeutet das jetzt alles ganz konkret für unsere Praxis und Ihr Hörprofil?
In der Praxis beginnt jede Überlegung mit einer umfassenden Diagnostik: Hörprüfung (Luft- und Knochenleitung), Sprachtests, bildgebende Diagnostik (CT/MRT), anatomische Begutachtung des Mittel- und Innenohrs sowie die Einschätzung der Knochenverhältnisse. Wir prüfen gemeinsam mit Ihnen, ob das Innenohr und der Hörnerv ausreichend intakt sind (Voraussetzung für erfolgreiche Implantate). Danach wird eine Empfehlung gegeben
Je nach Ihrer Hörsituation, den anatomischen Befunden und Ihren persönlichen Prioritäten (z. B. Klangqualität, Operabilität, ästhetische Aspekte, MRT-Kompatibilität) wird entschieden, ob eine VSB oder eine Knochenleitungsimplantat-Lösung (Bonebridge oder OSIA) oder alternativ ein Cochlea-Implantat sinnvoller ist.
Fazit und Ausblick
Implantierbare Hörsysteme wie Vibrant Soundbridge, Bonebridge und OSIA bieten sinnvolle Alternativen, wenn konventionelle Hörgeräte in Ihrer individuellen Situation an Grenzen stoßen – sei es durch anatomische Befunde, Hautprobleme oder unzureichende Verstärkung. Jede Technologie hat ihre Stärken und Grenzen; die optimale Wahl hängt von Ihrem Hörprofil, anatomischen Voraussetzungen und Wünschen ab. Mit unserer Expertise und Erfahrung stehen wir Ihnen gerne zur Seite, um gemeinsam die bestmögliche Lösung für Ihr Hören zu finden.
Ansprechpartner für diese Formen der Hörstörungen und Probleme mit Hörgeräten in unserer Praxis ist Prof. Lüers.